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24                                 reisebericht                               ausgabe 4 · spätsommer 2022





                           Erinnerungen an ein für viele unbekanntes Land


                                                     Montenegro im Mai/Juni 2022

           Es war eine Fahrt ins „Blaue“, wie es so schön heißt, oder in die schwarzen Berge – monte negro! Mit dem Flug nach
           Podgorica, mit dem Bus an die Bucht von Budva, an den Strand von Becici: Hotel an Hotel, manche noch im Rohbau,
           begleitet vom breiten Strand und der blauen Adria, also doch eine Fahrt ins Blaue!

































           Montenegro: Eingespannt zwischen Kroatien, Bosnien und  tive Hotels und Geschäftshäuser an „Boulevards“, die mo-
           Herzegowina,  Serbien,  Kosovo  und  Albanien,  derzeit  ca.  derne Milleniumsbrücke und die orthodoxe Kathedrale, hier
           600.000 Einwohner, selbständig seit 2006, geschichtlich ge- zwar desolate Wohnhochhäuser, aber auch eine gepflegte
           prägt von Osmanen und im Westen vornehmlich von Ve- Fußgängerzone mit biedermeierlichem Flair mit Bars und
           nezianern  und  Habsburgern,  im  Wappen  heute  der  Dop-  Geschäften und der neuen imposanten Moschee. Auch resi-
           peladler  und  der  Markuslöwe.  Karolina  aus  Budva,  eine  diert hier der katholische Erzbischof: Ein kulturelles Zent-
           Montenegrinerin mit Leib und Seele, Vitalität und Fähig-    rum mit Universität, Theater, Jesuitenseminar und die öster-
           keit, kulturgeschichtliche Zusammenhänge, Land und Leute  reichische Schule „Peter Mahringer“.
           und deren stolze Mentalität zu vermitteln, ist eine begeis-
           ternde Begleiterin. Montenegro: Ein Land der Gegensätze  Augenscheinlich  sind  Gegensätze  in  der  landschaftlichen
           – vom Blau der Adria zum Grün der bewaldeten Berghänge.  Gegend  um  Podgorcia  mit  kultivierten  Landstrichen  und
           Die Bergkuppen schieben sich gegen das Landesinnere ku-     weiten Flächen mit Weinreben und im nahe Albanien mit
           lissenhaft immer mehr in die Höhe, verlieren sich am Ho- kaum bestellten Feldern in der optisch verwüsteten Hoch-
           rizont in einem nebeligen, sich mit dem Himmel mischen-     ebene,  manchmal  wird  eine  einsam  grasende  Kuh oder
           den Lichtraum. Manche Bergspitzen tragen noch das Weiß  eine  kleine  Schafschar  im  Schatten  der  Bäume  sichtbar.
           des Schnees. Ein „steinreiches“ Land, dessen Wälder in der  Auf montenegrinischem Gebiet leuchten meist neu gebaute
           Dämmerung in ein dichtes Schwarz getaucht werden, also  kleine Häuschen mit roten Dächern inmitten von Gärten
           doch schwarze Berge! Am Strand ein lebendiges Treiben,  oder kleinen bewirtschafteten Feldern. Im Gegensatz zu die-
           wo im Sommer die Nacht zum Tag wird, am Skutarisee eine  sen, für den Reisenden idyllisch wirkenden Landschaften,
           idyllische Ruhe, das Boot gleitet zwischen Schilfgürteln um  steht das Treiben in den Altstädten von Budva oder Kotor,
           die kleine Insel auf albanisches Staatsgebiet, begleitet von  wo  sich  Cafés und  Souvenirläden abwechseln. Nach dem
           Haubentauchern  und  Blässhühnern:  Eine  Harmonie  von  großen Erdbeben von 1979 sind diese Städte nach alten Plä-
           Natur und Tierwelt, eine Stille zum Einatmen.               nen wieder aufgebaut worden. Nun drängen sich Gäste von
                                                                       mächtigen Kreuzfahrtschiffen in die engen Gassen von Ko-
           Gegensätze in Tivat und Porto Montenegro: Kleine „heimi-    tor, das landeinwärts von einer 4,5 km langen Stadtmauer
           sche“  Häuser  mit  verwilderten  Gärten  können  sich  nicht  umschlossen ist. Wie sehr genießt man dann an der “Bocche
           gegen die mondäne Architektur am Hafen mit pompösen  di Cattaro“ die liebliche Ruhe in Perast mit venezianischen
           Schiffen wehren. Wenig Gegensätze in der Hauptstadt Pod- Palazzi und herrlich mundender Mandeltorte. Hier erinnert
           gorica und der albanischen Stadt Shkodra: Dort repräsenta-  man  sich  an  die  Gemütlichkeit  in  der  südlich  gelegenen
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