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                                         … VON NICHTS KOMMT NICHTS…

                        PAUL FLORA (1922– 2009) – ZUM 100. GEBURTSTAG


                          Eine Ausstellung im Stift Stams vom 12. Mai bis zum 10. Juli 2022, von Gert Ammann


           Die Ausstellung „Paul Flora“ im Kreuzgang des Zisterziens-  Mit arabischen Ziffern sind jene Exemplare nummeriert, die über
           erstiftes  Stams  wird  vom  Freundeskreis  des  Stiftes  Stams  die Galerie Edition Thomas Flora in Innsbruck oder die Galerie
           und von den Tiroler Landesmuseen veranstaltet. Sie findet   Thomas Seywald in Salzburg offiziell in den Handel kommen. Die
           aus Anlass der Erinnerung an Floras 100. Geburtstag statt.   zweite Ziffer bedeutet die Gesamtauflage der Radierung, die erste
           Zudem  wird  seine  Verbundenheit  mit dem  Freundeskreis   Ziffer das entsprechende Exemplar der Gesamtauflage.
           des  Stiftes  Stams  und  dem  Tiroler  Landesmuseum  Ferdi-
           nandeum  in  Innsbruck  bekundet.  Die  Schau  zeigt  bisher   Wie entsteht eine Radierung
           nicht zugängliche Arbeiten Floras in der Kunstsammlung      Die  Radierplatte,  meist  aus  Kupfer,  wird  mit  einer  säurefesten
                                                                       Schicht überzogen. Darauf wird mit der Radiernadel so gezeich-
           des Stiftes und Dokumente aus seinem Nachlass in der Bib-   net, dass dort das Kupfer freigelegt wird. Beim Übergießen der
           liothek des Tiroler Landesmuseums. Sie gewährt Einblicke    Platte mit einer Säure dringt diese in die bloßgelegten Stellen ein,
           in seine Arbeitsmethoden, seine Bilddokumentationen und     ätzt also die Zeichnung in die Platte; je länger man die Säure wir-
           seine Sammelleidenschaft. Die Materialien aus der Biblio-   ken lässt, umso tiefer wird die Zeichnung geätzt, umso stärker
           thek des Tiroler Landesmuseums stammen direkt aus der       wirkt der Strich im Abdruck. Man kann auch mit der Radierna-
           Bibliothek  und dem Atelier des Künstlers. 2015 konnten  del, die man dann „kalte Nadel“ nennt, auf die blanke Kupferplat-
           diese  Materialen  von  der Familie  übernommen  werden.  te zeichnen, ohne sie zu ätzten. Die „Kaltnadelradierung“ ergibt
           Die  in  der  Ausstellung  zu  sehenden  Fotos  von  Wolfgang  einen sehr zarten und hellen Abdruck der Zeichnung. Oft wird
           Pfaundler stammen aus dessen Nachlass, der 2021 an die  auch mit der „kalten Nadel“ in die schon geätzte Platte hinein-
           Bibliothek gekommen ist. Das Schaffen und das persönliche  gearbeitet, um dem geätzten Motiv noch feinere Strukturen zu
           Netzwerk von Paul Flora werden durch diese Dokumente        verleihen. (Auszug aus: Wörterbuch der Kunst, Kröners Taschen-
           facettenreich aufbereitet.                                  ausgabe, Band 165, Stuttgart 1962)


           Der Freundeskreis des Stiftes Stams
           Der Freundeskreis des Stiftes Stams wurde im Jahre 1994 gegrün-
           det. Seine Ziele: den Konvent in seinen Aufgaben zu unterstützen,
           das Kulturgut des Stiftes in Konzerten und Ausstellungen hör-
           und sichtbar zu machen, die überregionale Bedeutung des Stiftes
           als geistiges Zentrum bewusst zu halten. Finanzielle Zuwendun-
           gen ermöglichen Aktivitäten im Bewahren und Forschen. Zuletzt
           wurden durch eine Spendenaktion der Ausbau und die Einrich-
           tung der Depots der Kunstsammlung und die Inventarisierung
           des Bestandes gefördert. Paul Flora war dem Freundeskreis des
           Stiftes  Stams  eng  verbunden.  2005  übergab  er  die  Lithografie
           „Hahn mit Feder“ in 200 Exemplaren. Mit dem Reinerlös wurden
           Restaurierungsmaßnahmen im Stift finanziert. Für eine Spende
           von EUR 500 sind noch Exemplare dieser Lithografie erhältlich.

           Die Werke von Paul Flora in der Kunstsammlung des Stiftes
           Stams
           Die Kunstsammlung des Stiftes Stams beherbergt von Paul Flora
           eine Federzeichnung, 18 Radierungen, sechs Lithografien und die
           Mappe „Die Raben“. Sie kamen als Geschenke von Paul Flora und
           als Ankauf in die Sammlung. Die Radierungen sind mit Bleistift
           nummeriert, betitelt und signiert. Von einzelnen Motiven werden
           bis zu drei Exemplare vorgestellt:
           Mit  „Probedruck“  sind  jene  Radierungen  bezeichnet,  die  dem
           Künstler  die Gelegenheit  geben,  etwaige Korrekturen,  Verstär-
           kungen von Passagen oder  Ergänzungen zu erwirken. Diese
           Drucke verbleiben zur eigenen Verwendung beim Künstler. Die
           Nummerierung  mit  römischen  Ziffern  bezeichnet  die  Auflage,   Harlekin mit Ziervogel, Radierung, handkoloriert
           über die der Künstler verfügen, die er aber auch veräußern kann.  Bildnachweis: www.paulflora.at & www.paulflora-rechte.com
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